Hinter einer unscheinbaren Tür in der Bertramstraße liegen die mit weichem Teppich ausgelegten Räume. Hier hat der Deutsch-Somalische Verein sein Zuhause gefunden – einen Platz zum Beten, Feiern, Lernen, zum Zusammenkommen.

Koran lesender Somalier im Gebetsraum des Deutsch-Somalischen Vereins in der Wiesbadener Bertramstraße.
Im Flur werden die Schuhe ausgezogen und ordentlich in ein Regal gestellt. Im angrenzenden Aufenthaltsraum hängt eine digitale Uhr an der Wand, die mehrere Uhrzeiten anzeigt: Sie gibt den Muslimen die Gebetszeiten vor. Farbenfrohe Vorhänge aus Somalia erinnern an die weit entfernte Heimat. Im Gebetsraum ist nichts außer einem Bücherregal. Darauf befinden sich kunstvoll verzierte, bunte Bücher. „Koranbände, auf Deutsch und Arabisch“, erklärt Abdiwahab Mirad Leili, der Vorsitzende und Gründer des Vereins. „Denn bei uns steht nicht nur das Beten, sondern vor allem auch die Bildung im Vordergrund.“ Das wichtigste Ziel des Vereins ist die Integration der Mitglieder in die Gesellschaft.
Allen steht die Tür offen

Abdi Wahab Leili, Vorsitzender des deutsch-somalischen Vereins
2010 hat Leili den Verein gegründet. „Damals lebten etwa 20 somalische Familien in Wiesbaden“, erinnert er sich. Lange hatte der Verein keinen festen Versammlungsort. Doch die somalische Gemeinde wuchs mit jedem Jahr. „Als dann über 250 Menschen aus Somalia, darunter viele anerkannte Flüchtlinge, in Wiesbaden lebten, war die Zeit gekommen, nach passenden Räumlichkeiten zu suchen“, sagt der Vereinsvorsitzende. Im April vergangenen Jahres wurde der Vereinssitz im Westend gefunden und das „Gemeindehaus mit Gebetsraum“ öffnete seine Türen.
Wie alle Vereinsmitglieder gehört Leili der sunnitischen Glaubensrichtung an. „Niemand wird hier aber zum Glauben gezwungen.“ Auch Menschen, die nicht beten, steht die Tür des Gemeindehauses offen. Hier werden Geburtstage, Hochzeiten und islamische Feiertage gefeiert. „Da wird immer viel gegessen, das ist das Wichtigste“, sagt Leili lachend. Männer und Frauen feiern kulturgemäß in getrennten Räumen.

Deutsch-Unterricht mit Abdi Wahab Leili (vorne).
Hier im Westend haben sie ein Stück von dem Leben, wie sie es aus Somalia kennen. Und damit der Anschluss in der neuen Heimat gut klappt, gibt es Unterricht. Es gibt Deutschkurse für Anfänger, Arabischunterricht, Somalisch für jene, die in Deutschland geboren sind. „Damit sie ihre Muttersprache nicht vergessen“, sagt Leili. Es werden aber auch Computerkenntnisse vermittelt – überwiegend unterrichtet Leili selbst.
Chancen nutzen

Eine Gruppe Somalis im Gebetsraum des deutsch-somalischen Vereins. Ganz links: Abdi-Wahab Leili, Vorsitzender des Vereins.
Manchmal bekommt der Verein auch Besuch von Somalis, die bereits in der deutschen Gesellschaft angekommen sind. Meist sind es Studenten, die der Gemeinde berichten, welche Chancen sie genutzt haben und was sie in Deutschland weitergebracht hat. So wie Leili selbst. Er selbst kam 1991 im Alter von 16 Jahren als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland, wuchs im Rheingau auf, wo er zunächst sieben Jahre ohne Papiere lebte. Im Studienkolleg in Darmstadt holte er sein Abitur nach und studierte anschließend an der Wiesbadener Hochschule Informatik. Das Beispiel eines Schicksals, das andere ermutigen soll.
Text: Liudmila Shkirtovskaya
Fotos: Erdal Aslan
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