Es ist ein kleines Stück Westend, ein Stück, in dem viel Leben steckt, ein Stück, in dem viel passiert – die Wellritzstraße. Hier wird gegessen, getrunken, geredet und eingekauft. Nicht selten geht es allerdings auch etwas chaotisch zu. Der starke Verkehr und das wilde Parken tragen ihren Teil dazu bei. Wäre es da eine Idee, die rund 450 Meter lange Straße von Autos zu befreien und in eine Fußgängerzone umzuwandeln?

So wie in unserer Fotomontage könnte die Wellritzstraße als Fußgängerzone aussehen. Der Ortsbeirat hat schon 2016 die Stadt gebeten, die Wellritzstraße im Abschnitt zwischen Helenen- und Schwalbacher Straße als Pilotprojekt in eine Fußgängerzone umzuwandeln. Das Verkehrsdezernat steht dem positiv gegenüber.
Das Thema ist nicht neu. Ganz im Gegenteil: Schon seit vielen Jahren gibt es Vorstöße dieser Art. Zuletzt wurde vor knapp einem Jahr im Ortsbeirat ein Antrag mit großer Mehrheit beschlossen: Die Stadt wird gebeten, die Wellritzstraße im Abschnitt zwischen Helenen- und Schwalbacher Straße als Pilotprojekt – im Einvernehmen mit den anliegenden Geschäftsinhabern – in eine Fußgängerzone umzuwidmen. Für Radfahrer soll sie in beide Richtungen passierbar sein, heißt es in dem Antrag. Nach einem Jahr soll dann eine fachliche Einschätzung folgen, wie sich das Projekt bewährt hat und ob eine Ausdehnung auf die gesamte Straße sinnvoll ist.
„Gastronomie könnte Straße besser bewirtschaften“
Ortsbeirat Hans Peter Schickel (SPD) ist ein glühender Verfechter der Idee: „Das würde viel mehr Lebensqualität bringen. Die Straße würde enorm aufgewertet. Dazu würde man den Verkehr beruhigen und die Gastronomie könnte die Straße besser bewirtschaften.“
Im Dezernat für Umwelt und Verkehr steht man einer Umwandlung ebenfalls positiv gegenüber. „Für einen Probelauf muss gar kein großer Aufwand betrieben werden. Man kann den Bereich zwischen Helenen- und Schwalbacher Straße entweder mit Blumenkübeln oder sogenannten Betonpollern absperren“, erklärt Daniel Sidiani, Technischer Referent im Dezernat.
Auch Tempo 20 ist eine Option
Auch ein Mittelweg ist laut Sidiani denkbar: „Tempo 20 ist vielleicht eine Option. Im Sommer könnte man die Straße dann noch mehr beruhigen, um den Gastronomen die Möglichkeit zu geben, ihr Angebot auszuweiten.“ Konkrete Maßnahmen seitens der Stadt wurden allerdings bisher nicht ergriffen. Auch ein Termin, wann eine mögliche Testphase beginnen soll, wurde noch nicht publik gemacht.
Wenn man in die Straße reinhört, sollte vor der Testphase an einige Dinge gedacht werden. Die Wünsche der Geschäftsleute: Die Betriebsabläufe dürfen nicht eingeschränkt werden. Für den Lieferverkehr muss der knapp 90 Meter lange Abschnitt weiterhin befahrbar sein. Es soll sichergestellt werden, dass die Gastronomie und die Supermärkte problemlos von ihren Lieferanten beliefert werden können. Auch die Gäste des City-Hotels und die Bewohner des Abschnitts sollen weiterhin die Möglichkeit haben, den hoteleigenen Parkplatz beziehungsweise die entsprechenden Stellplätze anzufahren.

Durchgangsverkehr in der Wellritzstraße: Gehört das Bild bald der Vergangenheit an?
Durchdachter Plan für Straßenführung nötig
Abgesehen von den Sorgen der Gewerbetreibenden und Anwohner: Die Stadt muss einen durchdachten Plan vorlegen, wie die Straßenführung während des Pilotprojekts aussehen soll. Die Helenenstraße ist in beide Richtungen befahrbar. Fahrzeuge, die von der Helenenstraße kommend Richtung Wellritzstraße fahren, müssen irgendwo wenden können. Wenn sie an der Ecke Wellritzstraße angekommen sind, können sie nicht nach rechts abbiegen, da dieser Bereich dann abgesperrt wäre. Ebenso können sie nicht nach links abbiegen, da die Wellritzstraße eine Einbahnstraße ist.
Im Maßnahmenkatalog der Stadt Wiesbaden für die westliche Innenstadt steht die Wellritzstraße ganz oben auf der Agenda. Zumindest will man den Handelsstandort weiter stärken und stabilisieren. Dabei könnte die Umwandlung in eine Fußgängerzone hilfreich sein. Als Vorbild könnte die Maria Hilfer Straße in Wien dienen. Die größte Einkaufsstraße der österreichischen Hauptstadt wurde ab 2013 abschnittsweise nach und nach in eine Fußgängerzone umgewandelt und vom Verkehr befreit.
Dialog mit Bürgern geplant
Ein Erfolgsgeheimnis der Wiener: Die Stadt hat in der Planungsphase viel Wert auf den Bürger-Dialog gelegt. Das Dezernat möchte das in Wiesbaden genauso handhaben und wünscht sich einen intensiven Austausch mit den Anwohnern und den Gewerbetreibenden. „Wir wollen Einschätzungen bekommen, wie die betroffenen Menschen dazu stehen. Das ist uns wichtig“, sagt Sidiani. Das sollte auch nicht vernachlässigt werden: Denn bisher sind ähnliche Vorhaben in der Straße, die es schon seit Jahrzehnten gibt, unter anderem an der ablehnenden Haltung einiger Unternehmer gescheitert.
Was die Geschäftsleute von der Idee halten, lesen Sie hier.
Text: Markus Grendel
Fotos: Erdal Aslan, S. Bartsch/VRM, Visualisierung: Option Z
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