Im Rahmen des Festivals „Wiesbaden Biennale“ wird die Bloggerin, Autorin und Aktivistin Tunay Önder elf Tage lang ein sogenanntes Migrantenstadl in der Wartburg veranstalten. Inspiriert durch das Westend macht die 37-jährige Münchnerin vom 23. August bis 2. September täglich ab 15 Uhr in der Schwalbacher Straße 51 auf die Lebensperspektive von Migranten aufmerksam.

Prominente Gäste: Die Youtube-Gruppe „Datteltäter“ aus Berlin, die nach eigenen Angaben „ein Satire-Kalifat im Internet“ errichten will, soll beim „Migrantenstadl“ dabei sein. Die Reihe findet vom 23. August bis 2. September in der Wartburg statt.
Frau Önder, „Migrantenstadl“ ist ein ungewöhnlicher Name, wie sind Sie darauf gekommen?
Der Blog, den ich mit Imad Mustafa seit 2011 betreibe, trägt den gleichen Namen. Es geht im „Migrantenstadl“ darum, die Perspektiven derer hörbar zu machen, die immer als „Die Anderen“ oder „Die Fremden“ adressiert werden, als wären sie kein selbstverständlicher Teil der Gesellschaft.
Wie ist das Konzept des „Migrantenstadls“ in der Wartburg aufgebaut?
Es ist ein Versuch, das, was Imad und ich im Blog und in unserem Buch „Migrantenstadl“ sagen und meinen, in Form einer zehntägigen Veranstaltung rüberzubringen. Unsere Perspektive auf verschiedene Art und Weise, mithilfe von Filmen, Gesprächen, Lesungen und Konzerten zu verdichten.
Auf welche Highlights können wir uns freuen?
Jeden Abend zum Abschluss gibt es ab 21 Uhr unsere „Primetime“, in der wir Gäste, wie zum Beispiel das Youtube-Kollektiv „Datteltäter“einladen, die sich mit Diskursen über Migration in Deutschland beschäftigen. Außerdem wird Kabarettistin Idil Baydar (Jilet Ayse) bei uns auftreten.
Welche Rolle spielt dabei das multikulturelle Westend?
Ich möchte mit dem Projekt im Wiesbadener Westend das Bewusstsein für eine postmigrantische Gesellschaft weiter multiplizieren, zusammen mit jenen, die ohnehin vor Ort daran arbeiten: mit Kulturvereinen, Initiativen und progressiv denkenden Bildungseinrichtungen.
Welche Zielgruppe wollen Sie mit dem „Stadl“ ansprechen?
Wir wollen nicht direkt eine Zielgruppe ansprechen. Sondern viel mehr alle Menschen, die sich in irgendeiner Form Gedanken darüber machen, wie wir zusammenleben wollen. Menschen, die sich mit der Gesellschaft auseinandersetzen wollen.

Die Wartburg in der Schwalbacher Str. 5 ist vom 23. August bis 2. September Schauplatz für das „Migrantenstadl“.
Wie passt das „Migrantenstadl“ zu „Bad News“, dem Thema der Biennale?
Der Blick der Mehrheitsgesellschaft geht oft in Richtung Überfremdung. Wir wollen ein Stück weit mit dieser Angst spielen. Nach dem Motto: Auweia, jetzt sind die Migranten auch noch in unseren Elfenbeinturm von Kunst und Kultur gelangt.
Was möchten Sie bei den Menschen in Wiesbaden und im Westend erreichen?
Ich möchte die Leute ermutigen, dass zum Beispiel Frauen mit Kopftuch einen Platz im Kunst-und Kulturbereich, in der Akademie, als Journalistin haben.
Interview: Julia Kleiner
Fotos: Tunay Önder, Sven-Helge Czichy, Bojan Novic
Praktikant und Gesprächspartner werden gesucht
Die „Wiesbaden Biennale“, ein Festival des Staatstheaters, sucht für das Projekt „Migrantenstadl“ von Tunay Önder einen jungen engagierten Praktikanten, der einen Einblick in die Vorbereitung und Durchführung des Projektes gewinnen möchte. Für Gesprächsrunden sucht das Team um Önder Wiesbadener, die sich mit dem gesellschaftlichen Zusammenleben auf unterschiedliche Weise beschäftigen. Kontakt: t.hatje@staatstheater-wiesbaden.de.
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