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Nach Wahl in der Türkei: Was Wiesbadener Türken im Westend über das Ergebnis denken

25. Juni 2018 · admin

Einen Tag nach der Präsidentschaftswahl am Sonntag in der Türkei steht fest: Recep Tayyip Erdogan ist der erste Präsident des neu eingeführten Präsidialsystems. Mit 52,6 Prozent der Stimmen hat der Amtsinhaber die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen gewonnen. Die parallel geführten Parlamentswahlen hat ebenfalls die Regierungspartei AKP für sich entschieden. Viele im Wiesbadener Westend lebende und  arbeitende Türken verfolgen das politische Geschehen im Herkunftsland aktuell am Handy oder Fernseher. Die Meinungen zu den Wahlergebnissen gehen stark auseinander, vielerorts diskutieren Menschen bei einem Tee über das Thema des Tages. Doch der gesellschaftliche Druck ist spürbar: Viele Befragte möchten sich gar nicht beziehungsweise nicht mit Namen in der Öffentlichkeit äußern.

Recep Tayyip Erdogan, Staatspräsident der Türkei, winkt vor der AKP-Parteizentrale seinen Unterstützern.

Recep Tayyip Erdogan, Staatspräsident der Türkei, winkt vor der AKP-Parteizentrale seinen Unterstützern.  Foto: dpa

„Wenn ich für Erdogan bin, werde ich in Deutschland für meine Meinung angegriffen. Wenn ich etwas gegen Erdogan sage, habe ich Sorge, dass ich Probleme bekomme, wenn ich in die Türkei fliege“, beschreibt ein Gewerbetreibender in der Wellritzstraße das Dilemma vieler Türken.  Ohne seinen Namen zu nennen, beurteilt er die Wahl zweigeteilt: „Insgesamt ist Erdogan für die Stabilität der Türkei vielleicht am besten. Trotzdem frage ich und kritisiere, warum zum Beispiel so viele Menschen seit dem Putschversuch verhaftet worden sind und seit Monaten ohne Urteil oder Prozess in Untersuchungshaft stecken.“

„Wahl schon vor einem Jahr entschieden“

Einige Meter weiter sitzen zwei ältere Männer vor einer Teestube und spielen entspannt Backgammon. „Die Wahl ist für mich schon seit einem Jahr entschieden. Erdogan hat so viele Leute verhaftet und so viele wichtige Positionen neu besetzt, also Vetternwirtschaft betrieben, sodass sie eigentlich gar nicht mehr verlieren konnten“, äußert sich der Erdogan-Gegner kritisch.  Ein Zuschauer des Backgammonspiels und Erdogan-Wähler will, nachdem er die Meinung seines Bekannten gehört hat, etwas dazu sagen.  „Warum nennen sie ihn in Deutschland einen Diktator, obwohl er von 20 Millionen Menschen gewählt worden ist?  Erdogan ist jemand, der sich eben nicht von den sogenannten führenden Staaten der Welt etwas sagen lässt oder von ihnen einschüchtern lässt, sondern auch Kontra gibt“, entgegnet de rErdogan-Sympathisant.  Erdogan habe unzählige wichtige Projekte, wie etwa zuletzt den Flughafen in Istanbul, in der Türkei realisiert, deshalb wähle ihn das Volk.

Trotz der unterschiedlichen Ansichten kann man im Westend nicht von einer tiefen Spaltung der Wiesbadener Türken sprechen. Man redet miteinander, auch wenn man weiß, das der Gegenüber politisch komplett anders tickt, bestätigen Abdulbaki Yesilbas und Hasan Urcanli.  Sie sitzen gemeinsam vor einer Bäckerei in der Wellritzstraße und sind auch bereit, ihre Namen zu nennen. „Ich habe an der Wahl teilgenommen und habe als Sozialdemokrat traditionell die CHP gewählt. Ich hatte großen Hoffnungen in Muharrem Ince, habe auch wirklich erwartet, dass er es schafft, Erdogan zu schlagen“, sagt der 48 Jahre alte Urcanli enttäuscht. Ince, der Kandidat der CHP, sammelte 30,6 Prozent der Stimmen bei der Wahl.  „Aber so ist die Demokratie, man muss jetzt akzeptieren, wer gewählt worden ist und das Beste daraus machen. Und: Man darf sich nicht davon täuschen lassen, dass während der Wahlkampagne Millionen Anhänger zu einer Kundgebung kommen, denn am Ende wählt das Volk“, sagt Urcanli, der sich Ince als zukünftigen Vorsitzenden der Partei CHP wünscht.  „Ich glaube auch als Erdogan-Gegner nicht, dass aus der Türkei eine Diktatur werden kann, weil das Volk das im Endeffekt verhindern würde.“

Abdulbaki Yesilbas

Abdulbaki Yesilbas

„Er kann kein Diktator werden“

Für seinen Gesprächspartner am Stehtisch ist das ohnehin ausgeschlossen: „Jemand, der so viel für die Menschen gemacht hat, der zum Beispiel 3,5 Millionen Flüchtlinge aufgenommen hat, der immer noch per Wahl gestürzt werden kann, der kann kein Diktator werden“, meint Abdulbaki Yesilbas. Der 48-Jährige ist überzeugter AKP-Wähler. „Für mich war der Sieg im ersten Wahlgang absolut keine Überraschung, ich hatte eigentlich mit mehr Stimmen für Erdogan gerechnet.“ Den Erfolg von Erdogan begründet er damit, dass der Präsident die große religiöse Schicht in der Türkei vertritt und vor allem wirtschaftlich in den vergangenen Jahren das Land vorangebracht habe. „Um es plakativ auszudrücken: Früher hatten einige keinen Esel und heute fahren sie ein Auto. Ebenso kenne ich zum Beispiel aus meiner Heimatstadt in der Südosttürkei keinen mehr, der keine Wohnung oder ein Haus hat.“ Yesilbas meint, dass der Wahlkampf von Ince heuchlerisch war, weil er versucht habe, den Mann des Volkes zugeben, der er eigentlich nicht ist.

Für beide ist es nicht überraschend, dass die Mehrheit der 1,4 Millionen wahlberechtigten Türken in Deutschland Erdogan gewählt haben. Erdogan hat hierzulande insgesamt rund 65 Prozent erhalten, seine Partei AKP etwa 55 Prozent bekommen. Die Wahlbeteiligung lag über 45 Prozent.  „Das war keine Überraschung, weil auch bei den letzten Wahlen ähnlich gestimmt worden ist.“ Die Wahlen würden die Zusammensetzung der in Deutschland leben Türken gut widerspiegeln, sind sich beide einig.

Text: Julia Kleiner und Erdal Aslan
Fotos: VRM, Erdal Aslan

 

Gepostet in: //Allgemeines
Tags: Erdogan, Integration, Migranten, Türkei, Türken, Wahlen, Westend, Wiesbaden

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