Von Erdal Aslan
Ein weiteres Wiesbadener Traditionsgeschäft hat seinen Abschied angekündigt – nach 111 Jahren: „Ebert – Holz und Eisenwaren“ wird am 30. November seine Pforten in der Bleichstraße 21 schließen. „Wir waren zu dieser Entscheidung gezwungen, denn wir legen seit zehn Jahren mehrere Zehntausend Euro am Ende des Jahres drauf“, sagt Inhaber Hans-Heinrich Hohenner. Der Laden erziele seit Längerem keinen Gewinn und habe dadurch seine Existenzberechtigung verloren. „Auch wenn mir dieser Laden sehr viel Spaß gemacht hat: Dieses Geschäft kann ich so nicht an die nächste Generation weitergeben“, sagt der 70-jährige Kaufmann.

„Räumungsverkauf wegen Geschäftsaufgabe“: Ein rotes Plakat am Eingang kündigt das Aus von „Ebert“ in der Bleichstraße an.
Internethandel als Hauptgrund
Bei der Entscheidung haben der Standort im Westend oder Laufkundschaft keine Rolle gespielt. „Wir hatten für unsere Holzzuschnitte und alles andere vor allem gewerbliche Kunden, viele Schreiner“, erklärt Hohenner. Zum einen gebe es aber immer weniger Schreiner, und zum anderen bezögen die jungen Schreiner ihre Artikel mittlerweile aus dem Internet. „Schon in den 70er Jahren, als die ersten Baumärkte öffneten, hat der Einzelhandel das zu spüren bekommen. Das Internet hat dann nochmal einen draufgesetzt, da sie dort alle kleinen definierten Artikel erwerben können.“
Die Familie wollte jedoch nicht selbst in das Internetgeschäft einsteigen. „Der Handel im Internet ist nicht leicht. Zudem achten dort die Leute nicht so sehr auf Qualität, sondern man sucht sich das Billigste heraus“, sagt Hohenner. Über die Jahrzehnte habe sich der Laden, der neben Holzzuschnitten, Schreinereibedarf unter anderem auch verschiedene Schlösser und Schrauben anbietet, zwar etwas gewandelt. Doch nun habe man „einen Schlussstrich ziehen“ müssen, auch wenn damit ein Stück Familiengeschichte verloren geht. Hans-Heinrich Hohenner hat das Geschäft 1978 von seinem Vater übernommen, der den Laden wiederum 1930 erworben hatte. Gegründet wurde er 1907. Zunächst war das Geschäft ansässig in der Schwalbacher Straße, ab 1945 in der Bleichstraße 14-16 und seit 1948 in der Bleichstraße 21. Im Jahr 2007 hat die Familie bei der 100-Jahresfeier die Goldene Stadtplakette der Stadt erhalten.
Räumungsverkauf bis zum 30. November
Mit dem Aus verliert das Westend und auch die Wiesbadener Innenstadt eines seiner noch wenigen verbliebenen Traditionsgeschäfte, die von den Inhabern selbst geführt werden. In der Bleichstraße finden sich nur noch Glas Kahl und Fahrrad Klaus. „In unserer Branche ist ‚Steib‘ in der Moritzstraße der letzte Mohikaner in der Innenstadt“, sagt Hohenner.
Bis zum Abschied am 30. November stehen seine Mitarbeiter bereit, um den Räumungsverkauf der Waren zu gewährleisten. Für bestimmte Artikel erhält man einen Rabatt. Derzeit sind acht Voll- und vier Teilzeitkräfte bei Hohenner beschäftigt. „Ich habe versucht, sie alle bei Mitbewerbern unterzubekommen“, sagt er.
Der 70-Jährige will sich nun mehr seinen Enkelkindern und den Immobilien der Familie widmen. Auch das Gebäude in der Bleichstraße 21 gehört der Familie. Einen Nachfolger für den Laden, der im Untergeschoss 220 und im Erdgeschoss 200 Quadratmeter Ladenfläche bietet, hat Hohenner noch nicht in Sicht. „Ich will ihn auf jeden Fall an keine Gastronomie oder an ein Fischgeschäft verpachten. Das will ich meinen Mietern im Haus nicht antun“, betont er. Eher etwas „Neutrales“ wie einen Drogeriemarkt kann er sich vorstellen.
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