Von Erdal Aslan
Es wird um jeden Zentimeter gefeilscht. So scheint es zumindest auf den ersten Blick von außen, als Vertreter des Straßenverkehrsamts kürzlich mit Gewerbetreibenden auf der Wellritzstraße stehen und über die Außenbestuhlung diskutieren. „Wir sprechen mit allen Geschäftsleuten und beantworten letzte Fragen vor dem Start der Fußgängerzone“, klärt Winnrich Tischel, Leiter des Straßenverkehrsamts, auf. Je näher die Eröffnung der Zone am 12. April im Abschnitt zwischen der Helenen- und Hellmundstraße rückt, umso mehr steigt die Spannung bei den Anliegern. „Wenn es auch einige gibt, die besorgt sind: Die Stimmung ist größtenteils positiv. Man spürt, die Leute freuen sich auf etwas Neues“, sagt Tischel im Anschluss der Aktion.

Parkende Autos und Durchfahrtsverkehr: Das wird es in der Wellritzstraße zwischen der Helenen- und Hellmundstraße (auf dem Foto bis zur Spielhalle) mindestens für ein Jahr nicht mehr geben. Foto: Sascha Kopp
Mit jedem Tag wird auch deutlicher, was sich hinter diesem „Neuen“ verbirgt. „Wir haben inzwischen sieben Anträge zur Sondernutzung genehmigt, die den Gewerbetreibenden erlaubt, Stühle und Tische auf der Straße aufzustellen“, erzählt Tischel. Jeder Gewerbetreibende darf aber nur den Bereich vor seinem Geschäft nutzen, die Breite des Bürgersteigs plus etwa einen Meter auf der Fahrbahn. Die Sondernutzung kostet 13 Euro pro Quadratmeter. Diese Genehmigung ist im Übrigen keine Erlaubnis für alle Geschäfte, Speisen und Getränke zu verkaufen. Das dürfen weiterhin nur Restaurants mit einer entsprechenden Konzession.

Auf der neuen Fußgängerzone kann auch Yücel Aydin vor seinem Restaurant „Sultan“ mehr Stühle und Tische hinstellen. Dafür lässt er eine kleine Holzplattform bauen. Foto: Erdal Aslan
Bestuhlung nur wechselseitig
„Wir haben es so organisiert, dass die (erweiterte) Bestuhlung nur wechselseitig erlaubt ist. Das heißt, wenn auf der einen Straßenseite Außenbewirtschaftung ist, darf direkt gegenüber keine sein.“ Dies sei wichtig, damit etwa die Feuerwehr oder die Müllabfuhr ohne Probleme durchfahren können. Aber diese Regel soll auch eine optische Wirkung erzielen: „Wir wollen symbolisieren, dass es keine gerade durchgehende Fahrbahn mehr gibt“, erklärt Tischel. Zwar müssten diese Wagen dann die Tische leicht umkurven, „doch das wird kein Problem sein, wir haben jetzt immer noch etwa vier Meter Fahrbahnbreite“, versichert Tischel. Zudem dürfen sich Autos und auch Radfahrer ohnehin nur im Schritttempo bewegen.
Das gilt auch für Anwohner, die private Parkplätze in den Hinterhöfen anfahren. „Wir haben bisher allen 24 Antragstellern eine Ausnahmegenehmigung für diese Stellplätze erteilt“, berichtet Tischel. Die Ausnahmegenehmigungen (Kosten: 30 Euro) sind nicht übertragbar auf andere. „Ein Hinweis: Die Sondernutzungserlaubnis für die Außenbewirtung wie auch die Ausnahmegenehmigungen für die Parkplätze gelten ein Jahr und müssen dann wieder neu beantragt werden.“ Das ist insofern wichtig, da die Testphase für die Fußgängerzone zwar ein Jahr dauert. Doch während der anschließenden Auswertung des Projekts, die einige Wochen oder Monate dauern kann, bleibt die Fußgängerzone bestehen. „Daher sollte man vielleicht im Februar 2020 sicherheitshalber eine neue Genehmigung beantragen. Aber wir bleiben im ständigen Gespräch mit den Bürgern und informieren“, sagt Tischel.
Einige Poller werden entfernt
Während des einjährigen Verkehrsversuchs sollen aus Kostengründen keine baulichen Veränderungen umgesetzt, weil man nicht weiß, ob die Zone nach den zwölf Monaten bestehen bleibt. Tischel hätte sich gewünscht, dass zumindest alle Poller entlang des Bürgersteigs abgebaut werden. „Doch als wir gesehen haben, wie teuer das werden kann, haben wir uns darauf geeinigt, dass zumindest ein paar entfernt werden – dort, wo sie die Außenbestuhlung erschweren“, sagt Tischel. Überhaupt spricht er sich für die größtmögliche Flexibilität bei dem Projekt aus: „Es wird nicht alles perfekt zur Eröffnung sein. Es ist ja sogar erwünscht, dass im Laufe des Tests Anregungen aufgenommen werden. Vielleicht kommen noch einige und wollen auch eine Außenbewirtung haben oder schlagen bessere Ideen zur Gestaltung vor, dann sprechen wir darüber.“
Wie die Fußgängerzone in der Winterzeit lohnend genutzt werden kann, wird wahrscheinlich eine der kniffligen Fragen. Einige Gastronomen überlegen laut, ein Winterzelt aufzustellen. „Was möglich ist, müssen wir diskutieren. Deshalb ist es ja so wichtig, dass wir ein komplettes Jahr lang mit allen Jahreszeiten testen“, betont der Amtsleiter und ist überzeugt, dass das Projekt ein Erfolg wird. Dieser hängt auch davon ab, wie schnell Autofahrer das Durchfahrtsverbot und die neuen Regeln beachten. Poller oder andere Hürden wird es auf der Fahrbahn nicht geben. Laut Tischel ist geplant, schon bei der Einfahrt in die Straße vom Sedanplatz aus Schilder zu platzieren, die auf die veränderte Verkehrsführung hinweisen. An der Ecke Hellmundstraße, also genau vor der Zone, werden beidseitig große Schilder aufgestellt. „Zudem wird die Kommunale Verkehrspolizei von Anfang an dauerhaft vor Ort kontrollieren. Sprich: Es werden zwei Streifen à zwei Beamte unterwegs sein und auch den Lieferverkehr (6 bis 11 Uhr) betreuen, damit die neuen Regelungen beachtet werden.“
Eröffnungsfeier
Nach der offiziellen Eröffnung am 12. April, 11.30 Uhr, unter anderem von Verkehrsdezernent Andreas Kowol und dem Ortsbeirat Westend ist folgendes geplant: ein „Walk Act“ einer Künstlergruppe, eine Begegnungszone des Wellritzhofs für alle Altersgruppen, Kettcar-Fahren und Spiele in der Fußgängerzone, Kulinarisches von Restaurants und anderen Geschäften sowie ein Infostand zum Verkehrsversuch.
Zehn Blumenkübel suchen Patenschaften
Die Stadt stellt laut Michaela Höllriegel zehn Blumenkübel bis Ende April für die Fußgängerzone zur Verfügung. Anwohner können Patenschaften für die Blumenkübel übernehmen. Von Anwohnern sei der Wunsch geäußert worden, bienenfreundlich zu bepflanzen. Infos per E-Mail:
fussgaengerzone@wellritzstrasse.de
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