Am 12. April ist sie offiziell eröffnet worden: Die Fußgängerzone in der Wellritzstraße gilt für die Dauer eines Versuchsjahres im Abschnitt zwischen der Helenen- und Hellmundstraße. Winnrich Tischel, Leiter des Straßenverkehrsamts, zieht nach den ersten knapp vier Wochen Bilanz. Ihm sind die kommunale Verkehrspolizei und die Straßenverkehrsbehörde, die Genehmigungen für Sondernutzungen wie die Außenbewirtschaftung erteilt, unterstellt.
Herr Tischel, wie zufrieden sind Sie mit dem bisherigen Verlauf?
Das war eine gravierende Veränderung für dieses Viertel – und so wie es angelaufen ist, bin ich sehr zufrieden. Ich bin auch sehr stolz darauf, was meine Mitarbeiter in dieser kurzen Vorbereitungszeit in den ersten Wochen geleistet haben. Den Bürgern und der Verwaltung ist es hier gelungen, zusammen an etwas zu arbeiten: Viele sind mit Euphorie und Ideen dabei, hier etwas Neues einzuführen.
Die Euphorie verfliegt aber, sobald die Verkehrspolizei nicht vor Ort ist: Nach unserer Beobachtung und der von Anliegern fahren dann Autos munter durch.
Nach wenigen Wochen können wir keine paradiesischen Verhältnisse schaffen. Aber dass wir massiv kontrollieren, zeigen die Zahlen: In den ersten drei Wochen wurden 1089 Verwarnungen (je 30 Euro) ausgesprochen – also für Durchfahrende und Falschparker. Die mündlichen Verwarnungen nicht mitgezählt. Daneben wurde rund um die Wellritzstraße 38 Mal abgeschleppt. Allein 500 Verwarnungen gab es in der Fußgängerzone selbst.
Wo sind die restlichen 500 Verwarnungen zustande gekommen?
Vor allem auf der Helenen- und Hellmundstraße, weil wir von Anfang an auch einen Schwerpunkt auf die umliegenden Straßen gelegt haben, damit dort kein Chaos ausbricht. Nach meinen Informationen hat sich die Verkehrssituation dort zum Positiven verändert. Und es wäre noch viel mehr geahndet worden, wenn wir nicht durch die ständige Präsenz das Reinfahren in die Fußgängerzone verhindert hätten. Aber viele Autos fahren von selbst nicht mehr rein, auch wenn kein Verkehrspolizist da steht, das habe ich selbst beobachtet.
Vor dem Start wurde gesagt, dass eine Doppelstreife von morgens bis 22 Uhr in den ersten Wochen vor Ort sein wird. Aber das war nicht an jedem Tag der Fall.
Wir müssen als Verkehrspolizei ja auch den Rest der Stadt betreuen. Wenn es unvorhergesehene Dinge gibt wie Unfälle oder einen Ampelausfall, müssen wir auch mal dort Leute abziehen. In anderen Fällen kann es sein, dass die Kollegen gerade in der Helenen- oder Hellmundstraße kontrollieren. Wir betreiben schon einen sehr hohen Personaleinsatz und können nicht immer alles gleichzeitig machen.
Wie sieht der Plan der Verkehrspolizei für die kommenden Wochen aus?
Es ist immer eine strategische Entscheidung: Stellen wir uns an die Zufahrtsmöglichkeit an der Hellmundstraße, verhindern wir öfter, dass reingefahren wird. Oder lauern wir versteckt innerhalb der Zone auf die Sünder, um sie entsprechend zu verwarnen. Letzteres werden wir auch mit zunehmender Dauer machen, weil man die Ausrede „Ich habe es nicht gewusst“ oder wie auch immer nach einiger Zeit nicht mehr akzeptieren kann. Aber wir wollen weiterhin mit Fingerspitzengefühl vorgehen und eine gesunde Mischung finden. Wir haben kein starres Konzept, sondern passen es der Lage entsprechend an und reagieren auf alle Hinweise.
Viele Gewerbetreibende und Anwohner fragen sich, ob es doch nicht die Möglichkeit einer Hürde auf der Fahrbahn geben kann, die das Reinfahren verhindert.
Wenn wir merken, dass das partout ohne sogenannte physische Sperre nicht in den Griff zu kriegen ist, werden wir das überprüfen. Auf der anderen Seite muss man auch beachten: Wenn man keine versenkbaren Poller installiert – die für eine Testphase zu teuer sind –, wird es für alle, die eine Zufahrtsberechtigung haben, zu einer Behinderung führen. Weil man dann nicht per Knopfdruck die Sperre öffnen oder schließen kann.
Was läuft aus Ihrer Sicht noch nicht so rund?
Was mir noch nicht gefällt, ist der erste Abschnitt, wenn man von der Hellmundstraße in die Fußgängerzone reinkommt. Da ist mir noch deutlich zu wenig Außenbewirtschaftung, zu der wir niemanden zwingen können, oder in irgendeiner Art Belebung auf der Fahrbahn. Der Anfangsteil muss relativ schnell optisch von der durchgehenden Fahrbahn befreit werden, damit neben der Beschilderung die Hemmschwelle größer wird, reinzufahren. Am 11. Mai werden Blumenkübel aufgestellt, das wird schon etwas helfen.
Vor allem die Betreiber der Handyshops klagen über Einbußen seit der Eröffnung. Wie gehen Sie damit um?
Wenn es ein Handyshop ist, dessen Kundschaft bisher darauf bestand, illegal vor der Tür oder an einer Ausfahrt zu parken, dann werden wir das nicht ändern können. Es wird unter dem Strich, wie bei allen Maßnahmen, nicht nur Gewinner geben. Aber wir werden uns, weil wir eben nicht nur für die verkehrspolizeiliche Seite zuständig sind, um diese Gewerbetreibenden kümmern und gemeinsam Möglichkeiten erörtern, wie wir helfen können. Aber nach drei Wochen kann nicht alles perfekt sein. Wir haben zwölf Monate Zeit, das gemeinsam zu entwickeln.
Einige der Gewerbetreibenden würden gerne während des momentanen islamischen Fastenmonats Ramadan eine Art Fest über mehrere Tage organisieren. Was halten Sie davon?
Wir sind für alle Ideen offen. Dass wir die Nachtruhe berücksichtigen müssen, ist klar. Aber ich würde es begrüßen, denn jede weitere Belebung wird dafür sorgen, dass weniger befahren wird.
Interview: Erdal Aslan
Fotos: René Vigneron
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