
Absperrbake aufgestellt: Winnrich Tischel, Leiter Straßenverkehrsamt, im Gespräch mit Michaela Höllriegel, die das Versuchsjahr als Moderatorin begleitet, und Abdullah Düzgün.
Von Erdal Aslan
Als am Mittwochabend die Situation in der Wellritzstraße eskalierte, haben ansässige Geschäftsinhaber den Leiter der Straßenverkehrsamts, Winnrich Tischel, auf dem Handy angerufen: Die halbe Straße war in der neuen Fußgängerzone zugeparkt. Die Verkehrspolizei reagierte prompt und ließ mehrere Autos abschleppen. Seit Donnerstagvormittag steht nun wieder ein fester Posten der Verkehrspolizei „bis auf Weiteres“, wie Tischel sagt, tagsüber vor Ort. Zudem hat die Stadt „als Sofortmaßnahme“ auch eine etwa rund zwei Meter breite Absperrbake vor der Einfahrt Hellmundstraße aufgestellt. Diese kann zwar leicht mit der Hand zur Seite geschoben werden, soll aber neben dem Posten „symbolisch“ abschrecken.
„In den kommenden Wochen wird hier eine mechanische Schranke fest verankert und die Absperrbake ersetzen“, verspricht Tischel. Diese Schranke werde mit der Hand zu bedienen sein und seitlich, also horizontal (nicht nach oben) durch ein Drehgelenk auf- und zugedreht – ohne Schloss, sodass sie von jedem betätigt werden kann. „Natürlich birgt das die Gefahr, dass das von frechen Autofahrern ausgenutzt wird. Dennoch wird sie abschrecken und die wenigsten werden das machen.“ Die Breite werde so gewählt, dass Radfahrer und Fußgänger ohne Probleme passieren können. Der feste Posten der Verkehrspolizei werde dann nicht mehr nötig sein, hofft Tischel.
„Das ist geschäftsschädigend“
Dass die Stadt nun (endlich) ein Einsehen hat und die von Anfang an geforderte Absperrung installiert, war auch bitter nötig. Wenn ein starker Befürworter der Fußgängerzone wie Kiosk-Betreiber Söhrettin Canpolat höflich, aber wütend meint: „Es reicht jetzt wirklich!“, zeigt das eins: Die positive Stimmung zur Fußgängerzone droht zu kippen. Der Grund dafür sind neben den Parksündern vor allem Autofahrer, die auch nach vier Monaten nach der Eröffnung das Durchfahrtsverbot missachten. „Letztens sind Gäste von mir aufgestanden und gegangen, weil ihnen das zu gefährlich wurde, wenn Autos mit einigen Zentimeter Abstand an ihnen vorbeifahren. Das ist geschäftsschädigend“, sagt Canpolat, der keine geschützte Außenterrasse hat. Eines seiner Sonnenschirme wurde sogar vor Kurzem angefahren und beschädigt.
„Den Kontrolldruck konnten wir im Sommer urlaubsbedingt nicht aufrechterhalten“, erklärt Winnrich Tischel. Eigentlich seien es im Vergleich zu anderen Fußgängerzonen in der Stadt wenige Autos, die in der Zone Wellritzstraße „aus Unkenntnis oder Frechheit“ illegal parken beziehungsweise durchfahren. „Aber die Menschen identifizieren sich hier – erfreulicherweise – stark mit der neuen Fußgängerzone, sodass auch das massiv stört.“ Die jetzige Sofortmaßnahme und baldige mechanische Schranke werde das Problem lösen, ist sich Tischel sicher. Alle anderen Varianten von Wegesperren wie elektrisch versenkbare Poller sind im Übrigen für das Versuchsjahr, wie berichtet, entweder zu teuer oder dauern laut Tischel zu lange, bis sie eingerichtet sind.

Verlängern? Die Wellritzstraße war für das Eröffnungsfest der Kulturtage auch zwischen der Walram- und Hellmundstraße gesperrt. Viele Geschäftsleute dieses Abschnitts wünschen sich eine Verlängerung der Fußgängerzone auf diesen Bereich.
Spielende Kinder sind gefährdet
Er weiß auch: Der Test steht und fällt mit dem Einhalten des Durchfahrtsverbots – nach zwölf Monaten soll analysiert werden, ob die Fußgängerzone beibehalten werden soll. Dabei werden auch die Anlieger nach ihrer Meinung gefragt. Bis auf die Handyshop-Betreiber, die über erhebliche Einnahmeverluste klagen, sind die meisten Gewerbetreibenden glücklich über die Fußgängerzone. „Doch ich muss auch sagen: Wenn das mit dieser Schranke nicht klappt, werden wir Gewerbetreibende uns treffen und über die Zukunft dieses Projekts sprechen“, sagt Canpolat. Das solle keine Drohung sein, sondern ein Hinweis darauf, wie dringend das Anliegen ist. „Außerdem: Hier spielen Kinder, so wie es sich die Stadt gewünscht hat. Doch teilweise sind die Autos mit einem Tempo unterwegs, die könnten niemals rechtzeitig bremsen, wenn ein Kind zum Beispiel aus den Ausfahrten auf die Straße läuft.“
Diese Gefahr für Kinder ist auch Michaela Höllriegel, „Büro für Stadt.Raum.Entwicklung“, bewusst. Sie begleitet das Projekt im Auftrag der Stadt während der Testphase. „Ich kann die Beobachtungen der Gewerbetreibenden bestätigen. Auch wenn die Autofahrer, die das Durchfahrtsverbot missachten, insgesamt nur einen geringen Anteil ausmachen.“ Sie hat diese Erkenntnisse auch schon mit dem Straßenverkehrsamt besprochen. „Es ist zum Teil eine Art Machtspiel dieser Unbelehrbaren, nach dem Motto ‚Euer Verbot ist mir doch egal!‘“, sagt Höllriegel. Und wenn man einen Durchfahrenden höflich auf sein Vergehen anspricht, „schnauzen sie einen an, was einen denn das angehe“, erzählt Canpolat.
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