
Ein Haus mit Geschichte: Über dem Eingang der Kita Roonstraße steht „Staedtisches Bad“, da vor dem Umbau hier eine öffentliche Badeanstalt ihren Sitz hatte. Foto: Kita Roonstraße
Von Martina Meisl
Das Haus selbst hat Geschichte, war lange Zeit ein öffentliches Badehaus – nun feiert auch der Nachfolger der „Städtischen Badeanstalt“ schon ein größeres Jubiläum (Fest am 23. August, siehe unten). Vor 20 Jahren hat die Kita Roonstraße die damals komplett umgebauten Räumlichkeiten bezogen. Die Badeanstalt hatte ausgedient und wurde den Bedürfnissen der neuen Nutzer angepasst, ein großes Projekt für knapp eine Million Mark. Der Internationale Bund (IB) übernahm die Trägerschaft und gründete hier eine seiner ersten Kindertagesstätten in Deutschland. Heute bietet sie 20 Halbtags- und 24 Ganztagsplätze für Drei- bis Sechsjährige.
Für 50 Pfennig dort geduscht
Josephin Jajan-Hübscher leitet die Kita seit vier Jahren, kennt die Umbau- und Anfangsphase aber aus Schilderungen von „Zeitzeugen“. Da ist zum einen die Nachbarin, die obendrüber wohnt und die Hände über dem Kopf zusammenschlägt, wenn sie an die Baustelle denkt – „monatelang nur Krach und Dreck“. „Sie hat sich dann aber sehr gefreut, weil hier eine Oase für die Kinder entstanden ist“, sagt Jajan-Hübscher. Die Nachbarin habe sogar selbst davon profitiert: Alle ihre vier Kinder seien im Laufe der Jahre hier betreut worden. Und manchmal erzählen ihr Eltern, dass sie als Kind hier geduscht oder gebadet haben – für 50 Pfennig oder eine Mark. Im Keller befindet sich übrigens noch eine Tür zur Vergangenheit: Wer sich von Spinnweben nicht abschrecken lässt, kann einen Blick in die ehemalige Waschküche werfen.
Die letzte Kollegin, die von Anfang an in der Kita gearbeitet hat, ist im vergangenen Jahr in Rente gegangen, eine weitere langjährige Mitarbeiterin geht demnächst in den Ruhestand. Von der Erfahrung der beiden habe sie sehr viel lernen können, betont die heutige Leiterin. Sie hat der Einrichtung inzwischen aber auch ihren eigenen Stempel aufgedrückt und den Schwerpunkt von der Montessori-Pädagogik hin zum Konzept der Partizipation verschoben. Im Laufe der Zeit habe sich die Zusammensetzung der Gruppen gewandelt und zu den veränderten Bedürfnissen der Kinder passe eine andere Pädagogik, erklärt die 43-Jährige.

In der Kita Roonstraße gilt Vielfalt als etwas Selbstverständliches: Mittlerweile hat von 44 Kindern nur noch eines deutsche Eltern, die beide auch hier geboren sind. Foto: Kita Roonstraße
Mittlerweile überwiegend Kinder mit Migrationshintergrund
In der Anfangszeit habe nur rund die Hälfte der Kinder Migrationshintergrund gehabt. „Mittlerweile hat von 44 Kindern nur noch eines deutsche Eltern, die beide auch hier geboren wurden.“ 90 Prozent der Dreijährigen könnten bei ihrem Eintritt kein Deutsch und bis zu fünf in jeder Gruppe beherrschten noch nicht einmal die Muttersprache. In der Kita lernten sie dann erst einmal Deutsch. „Die Kinder brauchen Struktur“, weiß die Pädagogin. In der Eingewöhnungsphase legten die Erzieherinnen daher großen Wert auf feste Gruppen und Bezugspersonen, übten Regeln über Rituale ein und ließen die Kinder erst einmal „ankommen“. Große Bedeutung hat dabei auch der Umgang der Kinder untereinander. Sie helfen sich und lernen voneinander, und diesen Umstand setzt die Einrichtung gezielt ein: Die Größeren übernehmen „Patenschaften“ für Neuankömmlinge und zeigen ihnen, worauf es ankommt, zum Beispiel beim Händewaschen. Nach der Eingewöhnung erkunden die Kinder dann nach und nach die anderen Räume und bestimmen mit der Zeit selbst, was sie tun möchten.
Als gebürtige Syrerin kann Josephin Jajan-Hübscher mit Familien aus dem arabischsprachigen Raum problemlos in ihrer Sprache kommunizieren. Ein großer Vorteil, denn dieser direkte Draht kommt ihrem Anspruch einer intensiven Beziehung zu den Eltern entgegen. Dass bei Veranstaltungen stets 99 Prozent der Mütter und Väter anwesend seien, zeige ihr, dass sie auf dem richtigen Weg sei, ebenso das Feedback aus der Elternbefragung im Mai: Im Jubiläumsjahr habe die Kita wieder einmal sehr gut abgeschnitten, freut sich die Leiterin.
FEST AM 23. AUGUST
Am Freitag, 23. August, feiert die Kita Roonstraße von 15 bis 18 Uhr ihr 20-jähriges Bestehen mit einem kleinen Straßenfest. Attraktionen sind unter anderem ein Tattoo-Stand, Dosenwerfen, Malaktionen und Aufführungen der Kinder. Dazu gibt es Musik und ein buntes Buffet mit Kaffee und Kuchen.
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