Von Erdal Aslan
„Es ist einfach eine Zumutung für alle Nachbarn.“ So beschreibt Inge Weigl-Jakobi ihren Ärger über ein denkmalgeschütztes Haus in ihrer direkten Nachbarschaft. Sie ist nicht die Einzige, die diese Zeitung kontaktiert hat. Die Anwohner fragen sich: Warum darf seit mehreren Jahren das Baugerüst in der Scharnhorststraße 33 stehen bleiben, obwohl keine Arbeiten an dem Gebäude zu erkennen sind? „Es ist ein ästhetischer Schandfleck in dem schönsten Abschnitt dieser Straße, der eigentlich sehr gepflegt ist“, sagt Weigl-Jakobi.

Seit sechs, sieben Jahren sei die Fassade eingerüstet, schätzt eine andere Anwohnerin, die nicht mit Namen genannt werden will. Einige Nachbarn seien ausgezogen, die das Gerüst nicht mehr ertragen wollten. „Ein Enkelkind des Eigentümers lässt es wohl sanieren, aber nur gelegentlich. Vermutlich, wenn Geld da ist“, sagt die Frau. Dem Vernehmen nach handelt es sich bei dem Gebäude um die Erbschaft einer zerstrittenen Familie. Der Eigentümer hat auf mehrere Anfragen dieser Zeitung über E-Mail und Telefon nicht reagiert.
Noch vier Mietparteien
Nur noch vier Mietparteien, inklusive dem Verwandten des Eigentümers, wohnen nach Informationen dieser Zeitung in dem Mehrfamilienhaus. „Natürlich stört mich das, aber was soll ich machen?“, sagt eine Mieterin und will nicht weiter Auskunft geben. Sie meint den Zustand im und außerhalb des Gebäudes: Der Vorgarten war immer wieder über mehrere Wochen überfüllt mit Bauschutt. Im Treppenhaus sind Handwerker-Geräte und Zementsäcke verteilt abgelegt. Nicht ungefährlich beim Auf- und Absteigen der Treppen – zum Beispiel für die ältere Frau, die im Haus wohnt. Es wirkt so, als hätte man angefangen, zu sanieren und dann alles stehen und liegen lassen. Das Dachgeschoss wird dem Anschein nach kernsaniert, ist aber nicht abgesperrt.

Doch die Nachbarn und Mieter sollten sich keine Hoffnung auf eine baldige Besserung machen: Auf Anfrage dieser Zeitung sagt Christiane Fordey-Stange, Leiterin des Bauaufsichtsamts, dass das Baugerüst seit April 2017 genehmigt sei. „Der Eigentümer muss innerhalb von drei Jahren mit der Sanierung angefangen haben.“ Man könne die Genehmigung auch mehrmals verlängern, wenn man es begründe (zum Beispiel Geldnot).
„Gerüst steht auf privatem Grund“
Es könne sein, dass das Baugerüst schon länger steht: „Das kann viele Gründe haben, zum Beispiel eine gewisse Vorlaufzeit bis zur Genehmigung des Antrags, der sich manchmal hinziehen kann. Wir sind aber keine ermittelnde Behörde“, sagt Fordey-Stange.
Da das Gerüst im eigenen Vorgarten und damit nicht auf öffentlichem Grund stehe, gebe es momentan keinen akuten Grund für die Stadt einzugreifen. „Nur wenn zum Beispiel Ziegel runterfallen, also eine Gefahr für Passanten entstehe, wird die Stadt aktiv.“ Die Denkmalschutzbehörde habe allerdings auf eigene Initiative erst kürzlich Kontakt mit dem Antragsteller aufgenommen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.
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