Von Henri Solter
Das Müllproblem im Westend ist längst nicht mehr unbekannt. Insbesondere im inneren Westend landet immer öfter Abfall auf den Straßen. Manche Bewohner haben ihre ganz eigene Art der Müllentsorgung. Wird der Müll zu viel für die Wohnung, stellen sie diesen einfach auf den Bürgersteig. Anschließend warten sie darauf, dass sich die Situation von selbst erledigt oder die ELW (Entsorgungsbetriebe der Stadt Wiesbaden) die Reinigung übernehmen. „In bestimmten Teilen des Westends kann man nicht mehr von einer klassischenMüllentsorgung sprechen“, sagt Frank Sand, Leiter der Stabsstelle „Sauberes Wiesbaden“. Mit klassischer Müllentsorgung meint Sand, Müllsäcke in die Abfalleimer zu werfen oder Sperrmüll abholen zu lassen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit.
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6.30 Uhr: Müll wird geholt
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9 Uhr: Wieder vermüllt
Mehrsprachige Flyer ohne Wirkung
„Bei einer morgendlichen Kontrolle vor wenigen Wochen hat die ELW in der Walramstraße gegen 6.30 Uhr Sperr- und Hausmüll vom Gehweg entfernt (siehe Bilder oben). Als dann gegen 9 Uhr die Straßenreinigung die Endreinigung vornehmen wollte, lagen an der gleichen Stelle erneut mehrere Müllsäcke“, berichtet Frank Sand. Diese Vorfälle häufen sich: So sei vor allem der Häuserblock zwischen der Walram-, Franken-, Herrmann- und Hellmundstraße massiv betroffen. „Entweder wissen einige Menschen nicht, dass der Müll nicht einfach auf die Straße gestellt werden darf, oder es geschieht absichtlich, um Müllkosten zu sparen.“ Vergangene Maßnahmen, die Bewohner zu verantwortungsvolleren Umgang mit Müllentsorgung zu sensibilisieren, schlugen fehl. „Wir haben es zum Beispiel mit Flyern auf acht verschiedenen Sprachen probiert, wo wir nochmal genau erklärt haben, dass die Stadt viermal im Jahr kostenlos Sperrmüll entsorgt. Dazu waren dort alle Schritte vermerkt. Bei einigen Bewohnern stößt das jedoch auf taube Ohren.“
Umfrage unter Westendlern (auf Fotos klicken)
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Jörg Saathoff, Projektleiter bei Kubis und Anwohner des inneren Westends: „In den letzten zwei, drei Jahren hat sich die Situation im inneren Westend nochmal verschlechtert. Immer öfter liegen Sperrmüllhaufen auf den Bürgersteigen und in den Innenhöfen. Die Leute lassen auch ihren Kleinmüll einfach auf die Straße fallen. Das beobachte ich auch bei uns im Haus, dass Leute Werbung aus den Briefkästen nehmen und runterfallen lassen – obwohl sich der Mülleimer zwei Meter weiter befindet. Wenn ich die Leute anspreche, sind die meisten einsichtig, manche schimpfen jedoch. Die Stadt macht einen tollen Job, muss aber erneut in mehreren Sprachen informieren. Einige machen das aus Unkenntnis und rufen nicht die ELW an. Bei anderen sind die Sprachkenntnisse so schlecht, dass jedes Telefonat eine Hürde darstellt.“
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Anna Maria Russi, Erzieherin im Kinderzentrum Wellritzhof: „Sobald man in die Hellmundstraße läuft, fängt die Vermüllung an. Ab der Ecke Bleichstraße wird‘s extrem: Müllsäcke, Essensreste, Klamotten, zerbrochenes Glas, leere Alkoholflaschen und viel Sperrmüll. Es ist widerlich, in den heißen Tagen kommt der unerträgliche Gestank noch dazu. Dort wohnen doch Leute, warum lassen die das zu? Da helfen nur verstärkte Kontrollen und saftige Strafen. Bei den Kindern hängt es oft mit dem Elternhaus zusammen. Manche greifen nicht ein, wenn ihre Kinder Verpackungen einfach auf die Straße fallen lassen. Wir im Kinderzentrum sind sehr streng, jeder muss mit anpacken. Manchmal hilft es, Kinder zu motivieren, wenn man eine kleine Belohnung anbietet. Vielleicht ist ein Belohnungssystem für Erwachsene eine Idee.“
Die Müllproblematik ist jedoch auch anderen Bewohnern des Westends ein Dorn im Auge: Über die „Sauberkeitshotline“ und die App „Sauberes Wiesbaden“ (siehe unten) seien im Jahr 2018 über 900 Meldungen aus dem kleinen Stadtteil Westend eingegangen – nach Biebrich und dem Bereich Stadtmitte die Drittmeisten. „Auch dem Großteil der Westendler ist ein sauberes und gepflegtes Viertel wichtig. Ohne deren Mithilfe kann sich jedoch auch nichts am momentanen Zustand ändern.“ Die Bewohner des Westends seien deshalb auch aufgerufen, „Missetäter“ – also Menschen, die illegal Müll ablegen – aktiv auf ihr Fehlverhalten hinzuweisen oder der Stabsstelle „Sauberes Wiesbaden“ Informationen mitzuteilen. So kann die ELW schnell darauf reagieren und den Müll entsorgen. „Es geht nicht darum, dass wir Denunziantentum fördern wollen, sondern um eine aufmerksame Nachbarschaft für einUmfeld mit mehr Lebensqualität.“
Zivilstreifen sollen kontrollieren
Doch auch neue eigene Maßnahmen sind in Planung: So sollen in Absprache mit dem Ordnungsamt und der Stadtpolizei künftig mehr Zivilstreifen auf Patrouille gehen und Fehlverhalten bestrafen. Dabei könnten die Beamten sogar von Personenschützern begleitet werden. „In der Vergangenheit sind einige unserer Mitarbeiter massiv verbal und teilweise auch körperlich angegangen worden. Manchmal hat man das Gefühl, dass Teile des Westends rechtsfreie Räume sind.“ Helfen soll auch ein neuer Quartiershausmeister. Seitdem der ehemalige Hausmeister Kurt Frey in Rente gegangen ist, hat sich bisher kein Nachfolger gefunden. Aktuell sei man zwar auf der Suche, könne aber bisher keine Erfolge in der Hinsicht vermelden.
SO KÖNNEN SIE SELBST MÜLL MELDEN:
Bürger haben mit der App „Sauberes Wiesbaden“ die Möglichkeit, schnell und einfach wilde Müllablagerungen in Wiesbaden anonym zu melden. Dafür braucht es nur wenige Klicks. Man kann ein Foto von dem illegal abgelegten Müll im Stadtgebiet machen und verschicken. Mittels GPS wird der genaue Standort ermittelt. Das Beschwerde-Managementsystem der ELW informiert dann die zuständigen Stellen in der Stadt, damit diese den Müll beseitigen. Über den jeweiligen Bearbeitungsstand der Meldung erhalten die Nutzer eine Rückmeldung. Die App kann im jeweiligen Store unter dem Stichwort „Sauberes Wiesbaden“ heruntergeladen werden. Die Stabsstelle „Sauberes Wiesbaden“ hat die App in Kooperation mit der ELW und dem Fachbereich „Design Informatik Medien“ der Hochschule Rhein-Main entwickelt. Darüber hinaus kann herumliegender Abfall in Wiesbaden auch weiterhin per Telefon über die Sauberkeits-Hotline 0611-319222 oder per E-Mail an elw@elw.de gemeldet werden. Egal auf welchem der drei Wege die Stadt informiert wird: Wilde Sperrmüllablagerungen und überfüllte Mülleimer im öffentlichen Raum werden in der Regel innerhalb von 72 Stunden beseitigt beziehungsweise geleert.
SPERRMÜLL KOSTENFREI ABHOLEN LASSEN:
Die ELW holt bis zu viermal pro Jahr kostenfrei Sperrmüll ab. Damit die Sperrmüllabfuhr reibungslos verläuft, gilt es, die hierfür festgelegten Regeln einzuhalten. Sperrmüll, der abgeholt werden soll, muss vorher beim Servicecenter der ELW unter der Telefonnummer 0611-319700 angemeldet werden. Die Wartezeit auf einen Sperrmülltermin liegt bei circa zehn Arbeitstagen. Wenn ein bestimmter Termin gewünscht wird, sollte man sich daher rechtzeitig bei der ELWmelden. Der Sperrmüll darf erst am Abend vor dem vereinbarten Abholtermin oder bis spätestens 6 Uhr morgens am Abholtag hingestellt werden. Dabei muss der Sperrmüll so an den Straßenrand platziert werden, dass er gut sichtbar und erreichbar ist, andererseits aber den Verkehr nicht behindert. Kartonagen und Müllsäcke werden nicht mitgenommen. Wer gegen diese Regeln verstößt, kann mit einem Bußgeld bis zu 500 Euro bestraft werden.
Was gehört zum Sperrmüll?
Unter Sperrmüll versteht man sperrige Gegenstände aus dem Haushalt, die auch nach einer Zerkleinerung nicht in die am Haus vorhandenen Mülltonnen passen. Das sind zum Beispiel Möbel wie Tische, Betten, Matratzen und Schränke. Außerdem große Blumenkübel (nicht aus Beton), Koffer, Sportgeräte, großes Spielzeug und Wäscheständer. Auch alle elektronischen Großgeräte wie Fernseher oder Kühlschrank gehören zum Sperrmüll und werden auch abgeholt – nur müssen diese Geräte beim Anruf beziehungsweise bei der Anmeldung extra genannt werden.