Im Rahmen des Festivals „Wiesbaden Biennale“ wird die Bloggerin, Autorin und Aktivistin Tunay Önder ab dem 23. August elf Tage lang einen sogenannten Migrantenstadl in der Wartburg veranstalten. In ihrem Gastbeitrag schreibt sie aus der Sicht eines Gastarbeiterkindes, welcher Perspektivwechsel nötig ist in einer postmigrantischen Gesellschaft.
Von Tunay Önder
Als Kind von Gastarbeitern in Deutschland hängt der Wunsch, die Gesellschaft neu zu erfinden, mit einer ganz spezifischen Erfahrung zusammen: im eigenen Geburtsland und Lebensraum den Ausländer-Status zugewiesen zu bekommen. Die damit zusammenhängenden Lebensumstände und -bedingungen erscheinen einem in den unbewussten Jahren der Sozialisation als die ganz normale Ordnung der Welt, die es hinzunehmen und zu verinnerlichen gilt. Seien es nun prekäre Wohn- und Arbeitsverhältnisse der Eltern oder rassistische An- und Zurechtweisungen, mit denen man in der Schule, auf der Straße, in Behörden und Medien konfrontiert wird.