Manchmal kommen Fahrgäste auf überraschende, wenn nicht sogar seltsame Ideen. Neulich ist ein junger Mann mit seiner Freundin in mein Taxi eingestiegen. Kaum waren wir losgefahren, fragte er: „Darf ich das Taxi selber fahren? Ich habe auch einen Führerschein, ich kann das wirklich! Das ist doch okay, oder?“ Ich schaute ihn etwas ungläubig an, ob er das wirklich ernst meinte. Aber ja, er meinte es todernst. Ich musste ihm erklären, dass nicht jeder, der einen Führerschein hat, auch Fahrgäste befördern darf. Dafür braucht man einen Personenbeförderungsschein, für den man eine Prüfung ablegen muss. Aber er ließ nicht von der Idee ab: „Ach komm jetzt, das ist kein Problem! Außerdem sieht das doch keiner!“ Ich meinte nur: „Kommt auf keinen Fall infrage. Bitte Thema wechseln.“ Continue reading
Eine Rassistin als Fahrgast – Kolumne „Taxistand“ von Ismail Cerci aus Wiesbaden
Ich fahre seit 2002 Taxi, aber so etwas wie beim vergangenen Wilhelmstraßenfest, habe ich noch nie erlebt. Da wir während des Fests eigentlich immer gute Umsätze haben, hatte ich gute Laune, es lief auch super. Bis ein Ehepaar bei mir einstieg… Der Mann setzte sich hinten rein, die Frau machte die Beifahrertür auf und blickte rein. „Oh, mein Gott. Na ja, der kann ja nichts dafür, dass er ’ne andere Herkunft hat“, waren ihre ersten Worte, bevor sie sich hinsetzte. „Wie bitte, meinen Sie mich?“, fragte ich irritiert. „Oh Gott, oh Gott, was bist du eigentlich für ein Kanake? Türke? Araber?“, wurde sie immer frecher. Der Mann, der mir zwischenzeitlich auch das Fahrtziel nannte, versuchte vergebens, sie ruhigzustellen.
„Ich bin Deutscher, und jetzt?“
Sie hörte nicht auf, nach meiner Herkunft zu fragen. „Warum wollen Sie das wissen, was wird das ändern?“, fragte ich. „Sag doch schon! Oh man, ich kann euch echt nicht ausstehen“, sagte sie. Ich riss mich zusammen und dachte mir, die ist betrunken, nimm sie nicht ernst. Und antwortete dann doch: „Ich bin Deutscher, und jetzt?“ Sie wurde nur unverschämter und beleidigte mich: „Du bist nicht deutsch, niemals, du bist mein Diener, mein Hund bist du.“ Ach du meine Güte, was mache ich jetzt, fragte ich mich selbst. Am liebsten würde ich anhalten wollen und sie rausschmeißen. Egal, dachte ich mir, halte es aus, ich bin ja gleich da. Ich will diese Rassistin nicht auch noch kostenlos so weit gefahren haben.
Sie redete und beschimpfte mich bis zum Schluss, beim Aussteigen zeigte sie mir obendrein den Stinkefinger. Ich lachte sie nur aus. „Hör auf zu lachen, ich verbiete es dir“, rief sie mir zu, und ich freute mich, dass sie sich ärgerte. „Sorry, aber kein Mensch auf der Welt kann mir das verbieten“, antwortete ich. Schließlich entfernten sie sich und ich fuhr weg. Ihr wird das immer ein Rätsel bleiben, wo ich beziehungsweise meine Eltern herkommen. Eigentlich hatte ich es ihr schon gesagt, was ich „bin“. Denn es ist die Wahrheit, dass ich Deutscher und Wiesbadener bin, ich bin auch hier geboren. Und für die, die es unbedingt wissen wollen: Ich habe kurdische Wurzeln. Ändert das nun irgendetwas?
Ihr Ismail Cerci (Taxifahrer aus den Westend)
Wer mal Fahrgast von Ismail Cerci sein will – hier seine Kontaktdaten: Taxiunternehmen Ismail Cerci, Drudenstraße 7, 65195 Wiesbaden, Telefon: 0177-8408321, Taxi-Nr. 295 bei der Taxizentrale 0611-333333.
Die anderen Kolumnen von Ismail Cerci sind entweder online oder in den PDF-Ausgaben zu finden.
Wenn der Betrüger ein zweites Mal einsteigt… – Kolumne „Taxistand“ von Ismail Cerci
Neulich ist ein Fahrgast eingestiegen, der mir sofort bekannt vorkam. Als er anfing, zu reden, war ich mir sicher: Das ist er! Man begegnet sich immer zwei Mal im Leben, dachte ich mir… Denn vor etwa neun Monaten ist genau dieser Mann schon mal bei mir mitgefahren – und ohne zu bezahlen, einfach abgehauen. Ich sollte damals nach der Fahrt kurz warten, damit er Geld von einer Bank holt. „Hinter dieser kurzen Gasse befindet sich der Bankschalter, ich bin gleich wieder da“, meinte er damals. Egal, wie erfahren man als Taxifahrer ist, manchmal will man den Menschen doch vertrauen. Allerdings ist er damals nicht mehr aufgetaucht, nach zehn Minuten bin ich ausgestiegen und habe ihn noch gesucht, leider ohne Erfolg. In die kurze Gasse mündete eine Seitenstraße, von wo er sich wohl vom Acker gemacht hatte. Continue reading
Dreiste Masche mit imaginärem Freund – Kolumne „Taxistand“ von Ismail Cerci

Taxifahrer Ismail Cerci.
Es gibt ja so einige Versuche von Fahrgästen, sich um die Fahrtkosten zu drücken. Aber neulich hat es jemand auf eine sehr dreiste Art versucht: Der Fahrgast war Ende 20 und schon angetrunken, als er vorne in mein Taxi einstieg. Er redete die ganze Zeit Unverständliches in den Raum. Als ich fragte, ob er mich meint, sagte er: „Nein, nein, ich meine den Markus.“ „Was für ein Markus?“, fragte ich, „Wir sind hier allein.“ Er erzählte einfach weiter und hörte nicht mehr hin. Ab und zu drehte er sich nach hinten und sagte so etwas wie: „Das war doch ein schöner Abend, nicht wahr, Markus?“ Da ja kein Markus im Taxi war, gab er ihm auch keine Antwort. Continue reading
Bundestagswahl, „Haselnuss“ und Müllproblem: Neue Ausgabe von Mensch!Westend ist erschienen – September 2017
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Einige Westendler werfen die Wahlunterlagen sofort in den Müll. Andere freuen sich, dass sie nach der Flucht vor Jahren aus ihrer Heimat zum ersten Mal wählen dürfen. Ganz unterschiedliche Meinungen und Erwartungen zur Bundestagswahl sind in der aktuellen Titelgeschichte von Mensch!Westend (M!W) zu lesen. In der neuen Ausgabe haben die Wiesbadener Direktkandidaten zudem auf einem Bierdeckel – also kurz und knapp – geschrieben, warum die Bürger sie wählen sollen. Continue reading
„Dieses Wasser schmeckt brutal!“ – Kolumne „Taxistand“ von Taxifahrer Ismail Cerci
Als Taxifahrer darf man ja vielen Unterhaltungen beiwohnen. Manche sind spannend, andere eher weniger. Und dann gibt es solche Gespräche über – „brutales Wasser“. Aber lesen Sie selbst:

Der mittlerweile wegen Vandalismus geschlossene Laufbrunnen am Schläferskopfstollen oberhalb der Fasanerie.
Kolumne „Taxistand“: Oldtimer-Taxi aus dem Westend sorgt für Glückstränen
Vor einigen Jahren staunte ich nicht schlecht, als ich ein schwarzes Oldtimer-Taxi aus einem Tor in der Wellritzstraße fahren sah. Das Auto zog natürlich alle Blicke auf sich. Wie es der Zufall so will, sollte der Inhaber vor einigen Tagen bei mir im Taxi landen: Ich kam mit dem Fahrgast ins Gespräch. Schon bald erzählte er mir, dass er ein Oldtimer-Taxi besäße. „Ach“, sagte ich, „ich habe mal eins in der Wellritzstraße gesehen.“ „Das ist meins, denn ich habe einen Parkplatz in einem Hinterhof eines Hauses in der Wellritzstraße“, antwortete er – übrigens hieß er Uwe Hoffmann, wie ich erfuhr (Besitzer des „Destina“ in der Nerostraße).

Das Oldtimer-Taxi aus dem Westend – früher waren Taxis schwarz, heute müssen sie die Farbe „hellelfenbein“ haben. (Foto: Erdal Aslan)
Flüchtiger Dieb im Taxi gestoppt – Opfer verfolgt Dieb

Symbolfoto: Harald Kaster
Ein Dieb ist mit seiner zuvor entwendeten Beute am vergangenen Samstagmorgen nicht sehr weit gekommen – zu sportlich war das von ihm ausgesuchte Opfer. Das Opfer kam laut Polizeiangaben gegen 5.10 Uhr aus einem Kiosk in der Helenenstraße und wollte gerade sein Bargeld wieder in seine Tasche zurückstecken. Plötzlich erschien der 21-jährige Täter, griff blitzschnell nach dem Geld und rannte los. Continue reading
Kolumne „Taxistand“: Zivilcourage – Niemand will allein gelassen werden
Tugce in Offenbach und Joey in Hannover wollten Menschen helfen, die in Not waren, und mussten tragischerweise mit ihrem Leben bezahlen. Trotzdem bleibt Zivilcourage wichtig, wie auch das Erlebnis eines Fahrgastes zeigt: Die junge Dame stieg wütend in mein Taxi ein und wollte schnell nach Hause. Ich fragte sie, ob alles in Ordnung sei. „Nein!“, antwortete sie. Sie war vor wenigen Stunden mit dem Zug vom Frankfurter Flughafen nach Wiesbaden gefahren. In der Bahn habe sie eine Gruppe Jugendlicher belästigt. „Am Anfang habe ich es ignoriert, aber es wurde immer heftiger. Sie haben mich an meinen Haaren gezogen“, erzählte sie weiter. „Niemand wollte mir helfen, auch der Securitymann schaute weg.“ Schließlich habe ein gut gebauter Mann eingegriffen und die Jungs weggescheucht. Hätte er auch weggeschaut, wäre vielleicht Schlimmeres passiert… Deshalb: Schauen Sie hin, helfen Sie oder rufen Sie die Polizei. Denn niemand möchte in so einer Situation allein gelassen werden…
Ismail Cerci (Taxifahrer)
Aus dem Leben eines Taxifahrers – Ismail Cerci über seine Erlebnisse mit Fahrgästen
Ismail Cerci ist im Nebenberuf Teilzeitkumpel, Hobby-Psychologe oder einfach nur ein guter Gesprächspartner – denn er ist nebenberuflicher Taxifahrer. Seit zehn Jahren bringt der 36-jährige Wiesbadener von A nach B. Dabei findet man ihn vor allem an den Taxi-Halteplätzen im und um das Westend, wo er lange Zeit auch gewohnt hat. „In den zehn Jahren als Taxifahrer habe ich natürlich schon einiges erleben dürfen“, sagt der 36-Jährige. Von seinen lustigen, kuriosen und traurigen Begegnungen wird Cerci von nun an in der neuen Kolumne „Taxistand“ in Mensch!Westend erzählen. Continue reading